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Wie Italien die Alitalia-Insolvenz immer weiter verschleppt

Freier Wirtschaftsredakteur
Wie Italien die Alitalia-Insolvenz immer weiter verschleppt Wie Italien die Alitalia-Insolvenz immer weiter verschleppt
Wird wohl erst deutlich später zerschlagen als Air Berlin: Italiens angeschlagene und insolvente Fluglinie Alitalia
Quelle: dpa
Statt einen Käufer für die insolvente Alitalia zu präsentieren, leiht der Staat der Fluglinie nochmals Geld. Dabei gibt es viele Interessen, doch die will man noch später präsentieren – offenbar mit Kalkül.

Die größte italienische Fluggesellschaft Alitalia hat ein paar Ähnlichkeiten mit Air Berlin. Bei beiden Airlines ist die arabische Fluggesellschaft Etihad maßgeblich beteiligt, lehnt nach hohen Verlusten aber weitere Finanzhilfen ab. Beide Fluggesellschaften haben Insolvenz angemeldet. Und um beide Airlines haben sich nicht nur die Lufthansa und Easyjet als neue Eigentümer beworben. Zum Ablauf der Bieterfrist für Alitalia an diesem Montagabend sind sieben Umschläge beim Notar eingegangen, teilte die italienische Fluglinie in einer knappen Botschaft mit. Nun müsse deren Inhalt ausgewertet werden.

Nach der Zerschlagung der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin steht jetzt die Neuordnung bei Alitalia mit rund 11.000 Beschäftigten und einer Flotte von 120 Flugzeugen an. Wie bei Air Berlin könnte es auch bei Alitalia zu einem Herauskauf der Filetstücke, neuen Tarifverträgen und einen Stellenabbau kommen, um die Kosten zu senken.

Dennoch gibt es einen großen Unterschied in den zwei Insolvenzen: Während die Neuaufstellung in Deutschland mit hohem Tempo durchgezogen wird, lässt sich Italien Zeit. Soeben ist die Frist für den Zuschlag verschoben worden und die Regierung in Rom pumpt weitere 300 Millionen Euro in die Airline.

Jetzt heißt es, dass die eingegangenen Bewerbungen nicht bis 5. November, sondern bis 30. April 2018 im Detail geprüft und ausgehandelt werden und danach erst den Wettbewerbshütern in Brüssel zur Entscheidung vorgelegt werden. Dies könne dann nochmals ein paar Monate dauern. Erst im Spätsommer/Herbst 2018 könnte somit der neue Alitalia-Eigentümer feststehen.

Lufthansa will eine „NewAlitalia“ schaffen

Es ist auch noch offen, wer außer der Lufthansa und Easyjet konkret ein bindendes Angebot vorgelegt hat. Von wem stammen die fünf anderen Umschläge? Zunächst hatte Ryanair als Europas größte Fluggesellschaft Interesse am Alitalia-Einstieg bekundet, stoppte Ende September dann aber angeblich das Vorhaben, weil die irische Billigfluglinie durch eine fehlgeschlagene Urlaubsplanung für ihre Piloten und dadurch ausgelöste Flugausfälle auch sehr mit sich selbst beschäftigt ist.

Auf Anfrage der WELT teilte Ryanair-Sprecher Robin Kiely mit: „Wir haben den Insolvenzverwaltern mitgeteilt, dass wir unser Interesse an Alitalia nicht weiter verfolgen oder weitere Angebote für die Fluggesellschaft abgeben werden.“ Dabei ist Ryanair schon Marktführer in Italien mit 28 Prozent Marktanteil, also etwa zehn Prozentpunkten mehr als Alitalia auf Platz zwei. Vor knapp zehn Jahren scheiterte ein Versuch eines Alitalia-Einstiegs von Air France-KLM.

Zu den spannenden Fragen gehört jetzt, ob Alitalia in der bisherigen Struktur erhalten werden kann, was viele Experten bezweifeln. Die Lufthansa, die bereits 1,5 Milliarden Euro in den Air-Berlin-Kauf investieren will, der vom Gläubigerausschuss am 27. Oktober endgültig abgesegnet werden soll, möchte nach eigenen Angaben eine „NewAlitalia“ schaffen.

Es gebe kein Interesse an der gesamten Airline, sondern nur an „Teilen des weltweiten Netzverkehrs und des europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehrs“. Die Lufthansa spricht von einem „fokussierten Geschäftsmodell“, das eine „nachhaltige wirtschaftliche Perspektive entwickeln könnte“. Weitere Details werden nicht genannt.

Italien will die Airline nicht „verscherbeln“

Auch die britische Billigfluglinie Easyjet will keine Einzelheiten ihres Angebots nennen. Es gebe Interesse an bestimmten, zur Strategie für Italien passenden Teilen einer restrukturierten Alitalia.

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Bei der italienischen Gewerkschaft UGL regt sich bereits Widerstand gegen die Lufthansa. Das Angebot sei „unangemessen“, weil eine Vielzahl von Stellenstreichungen damit einhergehen würden. Nach einem Bericht der Zeitung „Corriere della Sera“ will Lufthansa angeblich 500 Millionen Euro bieten. Der Plan enthalte zudem den Abbau von rund 6000 Arbeitsplätzen sowie die Streichung von Kurz- und Mittelstreckenflügen.

Bei der Alitalia-Rettung gibt es auch eine politische Komponente. Spekuliert wird, dass eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Airline so lange hinausgezögert wird, bis Italien ein neues Parlament wählt. Derzeit wird der 4. März als möglicher Wahltermin gehandelt.

Anfang Mai hatte der Staat der Fluglinie für sechs Monate einen Kredit von etwa 600 Millionen Euro zugestanden, nachdem die ehemalige Staatslinie Insolvenz angemeldet hatte. Dieser Kredit wäre bis November zahlungsfällig gewesen. Doch nunmehr hat Italiens Verkehrsminister Graziano Delrio mehr Zeit für die Prüfung gefordert, weil die Fluggesellschaft nicht „verscherbelt“ werden soll.

Hier dreht die Air-Berlin-Maschine eine Ehrenrunde im Tiefflug

Mit einer waghalsigen Ehrenrunde hat sich die Crew des letzten Air-Berlin-Flugs von Miami nach Düsseldorf verabschiedet. Im letzten Moment stoppte der Pilot den Landeanflug und umrundete das Flughafengebäude.

Quelle: N24/ Matthias Ludwig

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